Montag, 9. Januar 2012

abschieds- und loblied. teil 1.

So. Da haben wir den Salat. Ich habe auf Grund einer zu schönen Stadt mit zu vielen Dingen, die man unbedingt tun musste, mein Faultierdasein wieder entdeckt und nichts auf Papier gebracht, was als literarisch hoch wertvoll zu beschauen wäre. Spitzen Sache, weil ich jetzt ganz locker die letzten 3 Wochen Kapstadt zusammen fassen muss. Auch für mich und meine Erinnerung, nicht bloß für euch, die ihr geplagt seid von Fernweh.

Morgen geht der Flieger schon wieder zurück nach Pretoria für die letzten 4 Tage da. Und ganz ehrlich, ich hab ja mal wirklich so gar keine Lust dahon zurück zu düsen. Wenn man in Kapstadt gewesen ist, dann weiß man aber sowas von definitiv, was Pretoria nicht hat: Atmosphäre. Hapuh. Kapstadt ist sicher nicht anzuraten, wenn man nach Südafrika kommt um das echte Afrika zu sehen. Davon gibts hier nicht wirklich viel. Touristen und Touristenattraktionen sind riesig groß und ne Menge Menschen, die auch mal über den afrikanischen Tellerrand schauen. Afrika entwickelt sich, ich seh es wenn ich aus dem Fenster schaue. Aus dem kapstädtischen, nicht aus dem pretorianischen. Werte und Kultur verändern sich. Die Wurzeln sind ganz sicher noch die gleichen und ich denke auch nicht, dass das irgendjemand leugnen würde. Denn Herkunft und Hintergrund sind hier wichtig. Aber doch. Westliche Werte sehe ich hier überall. Ich fühle mich wie in Kopenhagen, Amsterdam und weiß der Geier welcher Stadt Kapstadt noch nahe kommt. Sollte ich jemals auswandern wollen und dann auch noch nach Südafrika, dann sicherlich nach Kapstadt (das wird niemals passieren. Dafür bin ich dann doch zu europäisch und deutsch strukturiert). Hier hat man alles: Meer, Berge, Architektur, Gelassenheit, Security, tolle Menschen, Vielfalt. Aber es ist und bleibt Afrika. Die Dame von der Angelika und ich unser Zimmer mieten ist Deutsche und lebt seit sieben Jahren hier. Wir haben uns gestern mit ihr unterhalten, über das Einleben in Deutschland, wenn man so lange in Afrika war und über die Dinge, die man vermissen wird. Und sie sagte, dass die Struktur, die Deutschland einem bietet zu Anfang erscheint, als wäre man im Himmel. Aber nach kurzer Zeit, da fehlt die Freiheit die wir hier haben. Ich muss mich nicht im Auto anschnallen. Ob ich mit Flip Flops fahre oder sogar ohne Füße. Es interessiert niemanden. (ich vergesse die negativen Seiten von diesen Dingen nicht. Aber es gibt einem Freheit). Und damit hat sie recht. Irgendwie und irgendwie auch wieder nicht. Frei bewegen war in Pretoria ja jetzt erstmal nicht oberster Punkt auf unseren Tagesordnungen. In einer Shopping Mall, ja. Auch im Stadteil Hatfield. Aber sonst... Eher nicht. In Kapstadt geht das schon besser. Ich war heute, man möge es nicht glauben, zum ersten Mal seit 4 Monaten und fast 3 Wochen alleine unterwegs. Nicht eben nur zum Einkaufen. Sondern alleine. Mit dem Taxibus zur Long Street, von da mit dem Taxi an der Waterfront und nen anderes Taxi wieder zurück nach Hause. Ich habe vergessen, wie sich das anfühlt. Wirklich. Ich bin schon so verkopft, dass eine meiner Hände immer auf meiner Tasche liegt. Ich Menschen ausweiche, so weit es geht und erstmal niemandem traue. Diebstahl ist ja kein Fremdwort mehr für uns und Gewalt haben wir auch schon eine Menge gesehen. Die Armut der Leute ist mit ein Begriff, ich habe sie ja täglich im Township gesehen. Und ich habe nunmal überdurchschnittlich viel Geld, im Gegensatz zum afrikanischen Standard. Hier bin ich reich. Und ich habe gelernt damit umzugehen. Das heißt aber auch immer in Alarmbereitschaft zu sein. Autotüren zu, Kamera nicht rausholen, wenn man niemand anderen mit Kamera sieht. Mit niemandem mitgehen. Niemandem trauen und du bist fast sicher! Schrecklich, wenn ich mir das jetzt so überlege. Wie werde ich mich in Deutschland verhalten? Mal davon abgesehen, dass ich erstmal mit 30kmh über die Straßen düse, weil links fahren mein 2. Name geworden ist. Werde ich angesteckt werden von der deutschen Sicherheit, Struktur und dem Vertrauen, was man den Leuten gegenüber haben kann? Oder werde ich bei rot über die Ampel latschen, egal wo, egal wann und dabei meine Tasche gut festgezurrt haben, denn man weiß ja nie. Bloß nicht auffallen wurde uns hier immer eingetrichert. Ich habe mein Bestes gegeben. Aber mit meinem Verhalten, dass ich jetzt an den Tag lege, falle ich in Deutschland auf. Ich esse meinen Muffin nicht. Ich zerpflücke ihn und stopfe ihn mir mit samt meiner Finger in den Mund. Angepasstes Verhalten. Immer schön freundlich und nen ausgebreitetes Schwätzchen an jeder Supermarktkasse sitzt immer drin: wird aber in Deutschland jeden hinter mir stören, nerven aufregen. Wir haben ja wenig Zeit, wir Deutschen. Ich habe keine Ahnung, wie es werden wird. Aber es fühlt sich komisch an. Ich bin ein bisschen angepasst südafrikanisch und ab Sonntag 14.00 bin ich wieder volles Pfund in Deutschland. Wenn mich 5 Monate so sehr beeinflussen können, dann kann man sich doch durchaus mal fragen, wer man ist (ich bin tüchtig ernst heute. Ist schluss jetzt mit lustig. Reflektieren, wurde mir 4Jahre lang eingeschustert und kann ich hier jetzt mal ordentlich anwenden). Ich bin stolz auf meine Herkunft. Kann man aber auch werden wenn alle einen fragen, von wo man ist. Wenn man dann mit einem ‚Germany‘ antwortet, erntet man nicht selten ein ‚Wow‘. Na guck. Wenn die Südafrikaner das ein ‚Wow‘ wert finden, dann find ich das nen Doppel-‚Wow‘. Aber trotzdem versucht man immer angepasst zu sein und denkt jedes mal : verdammt, ertappt!
Kapstadt ist aber auch die Stadt der Gegensätze. Ich wohne in Sea Point. Gelegen zwischen dem Citycentre und Camps Bay. Camps Bay bietet unbezahlbare Immobilien. Um genau zu sein ist es das teuerste, was man im Umkreis finden kann. An einem Tag kann man also den überflüssigsten Luxus sehen, der mir seit langem untergekommen ist und Menschen, die nicht wissen, was sie morgen essen sollen. Da habe ich mich noch nicht angepasst. Es lässt mich nicht kalt. Das unterscheidet mich von den Kapstädtianern. Ich kann diese Armut noch immer nicht sehen. Und an so etwas will ich mich auch nicht gewöhnen. Das heißt ja, mir wärs irgendwie hurz. Und wenn einem das hurz wird, dann können wir auch gleich aufhören die Welt verbessern zu wollen.
Habe Kapstadt auch fleißig unterstützt. Ich war ein guter Tourist und möchte mir dafür selber mit stolz geschwellter Brust auf die Schulter klopfen! Wir haben jeden Tag der 3 Wochen genutzt, um alles mitzunehmen was geht. Ich habe die schönsten Strände in der Umgebung gesehen und auch ganz schön oft nen Eis oder Kaffe gekauft. Ich habe den Hop-on-hop-off-Bus genutzt! Der einen in und um Kapstadt überall hinbringt, wo man gewesen sein sollte: Hout Bay, Kirstenbosch, Townshiptour, Tafelberg, Groot Constantia, District Six, Signal Hill.... Und ich kann zusammenfassend sagen, Kapstadt ist Knaller.
Bei der Townshiptour fällt mir ne lustige Geschichte ein: Wir waren zu viert und sind am Townshipstop ausgestiegen. 2 von uns wollten die Townshiptour machen. Angelika und ich wollten zur T-bag Design Fabrik. Denn auf unserem Bon vom Bus stand, dass wir da einen Gratis-Kaffee bekommen sollten. Klang wie Musik in meinen Ohren. Als wir aus dem Bus waren und dieser auch schon wegrollte, erfuhren wir, dass die Damen der Fabrik im Urlaub seien (es sei ihnen gegönnt). Blöd nur, dass da weit und breit nichts war außer Township. Ich hatte Durst, also fragte ich eine der Tourguidse/Tourguides (wie schreibt man denn das???), wo wir was bekommen könnten. Wir hatten Glück, da gleich am Anfang ein Tuck-Shop (Townshipsupermarkt) war. Ich schnappte mir ne Cola und Angelika und ich wollten uns zurück an die Bushaltestelle setzen. Aber nichts war. Die Dame, die uns zum Tuck-Shop gebracht hat, nahm uns mit durch den Hinterausgang und brachte uns zu ihrem ‚Haus‘. Angelika und ich bekamen sogar einen Stuhl. Und davon gibt es nicht viele in Townships. Wir haben also die folgende Stunde mit der Großfamilie der Dame verbracht, während wir vor ihrem Haus saßen. Nicht aber ohne beäugt zu werden. Und zwar von allen Nachbarn und wer auch sonst noch gehört hatte, dass da Weiße Deutsche sitzen. Herzliche Menschen, waren das. Aber die Dame bat mich eines weiterzugeben. Ich denke an alle, die ich so kenne oder am besten gleich an ganz Deutschland J Sie möchte uns bitten, kein Geld oder Kleidung zu spenden. Zumindest nicht, wenn es an Südafrika geht. Denn sie findet, dass es den Menschen in Südafrika noch sehr gut geht. Sollten wir also jemald aufgefordert werden für Südafrika zu spenden, so mögen wir das bitte unterlassen! Wisst ihr Bescheid. Ich kann da auch nochmal hübsch hinzufügen, dass Südafrika Kleiderspenden zwar entgegen nimmt, aber diese niemals an Menschen ausgeteilt werden. Nein, die Kleidung wird verbrannt. Denn würde man sie an die Menschen geben, dann würden diese ja 1. Nichts mehr im Laden kaufen und 2. Bestünde die Gefahr, dass sie aufhören zu arbeiten, denn sie haben ja Kleidung.

Mmh. Was gibt es noch zu berichten, was nicht in jedem Reiseführer steht... Uuh, in meinem ersten Bericht erwähnte ich die Taxibusse. Genau diese habe ich in pretoria immer gemieden und genau diese benutze ich in Kapstadt fleißigst! Ich habe auch wenig Wahl, denn laufen ist 1. Bah und 2. Abends gefährlich. Also zahle ich 5Rand (das sind 50cent) und düse hier von A nach B. Gefährlich ist und bleibt es auch in Kapstadt. Aber hier werden diese Busse auch von anderen Touristen fleißig genutzt, was einem ein sichereres Gefühl gibt. Letztens jedoch, da standen Angelika und ich an der Straße, mit den Händen wedelnd, weil auf ein Taxi wartend und da rollte auch eins an. Es war schon tüchtig voll. Aber die südafrikanischen Taxifahrer sind Meister des quetschens. Da kommt man auch schonmal entgegengesetzt der Fahrtrichtung zwischen Fahrer und Beifahrer. Naja. An besagtem Tag kam auf einmal eine Familie vom Strand hoch gerannt... 7 Leute um genau zu sein. Angelika und ich also rein. Ganz nach hinten rechts. Gute Idee. Die Familie wurde dazu gequetscht, der Bus platzte. Ich habe gezählt, mit wie vielen Leuten wir gestartet sind (nicht vergessen, diese Busse fassen 9Menschen....): wir waren 23Passagiere und diverse Strandtaschen. Auf dem Weg ist immer mal wieder jemand ausgestiegen und dann auch gleich mal hübsch wieder 2rein... Als Angelika und ich an unserer Bestimmung ankamen, mussten 9Menschen aussteigen, um uns rauszulassen. Herrlich. Afrika.

Mir tun die Finger weh. Ich mach erstmal eben Kaffee und werde dieses als Teil 1 von 100 verkaufen. Außerdem habe ich jetzt Internet. Das muss ich nutzen, sonst kommt ja nie was ins Internet!